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Terroir

In Frankreich geprägter und dort auch weitgehend verinnerlichter Begriff für den Einfluss von Herkunft, Klima und Bodentyp im Zusammenspiel mit den Rebsorten und der lokalen Weinkultur auf die spezielle und unverwechselbare Typizität bzw. Charakteristik des Weines, der dort wächst. Das kann nur mangelhaft mit Umwelt übersetzt werden, sondern bedeutet viel mehr. Auch die Kunst des Winzers spielt eine beträchtliche Rolle, indem dieser bei der Weinbereitung auf die speziellen Gegebenheiten seines Weinbergs Rücksicht nimmt und seine ganz persönliche Handschrift durch seine Erfahrungen, Vorlieben und Überzeugungen einbringt. Eine treffende Definition stammt vom bekannten Weingutsbesitzer Bruno Prats:

Der französische Begriff Terroir erfasst alle natürlichen Voraussetzungen, die die Biologie des Weinstocks und demzufolge die Zusammensetzung der Traube selbst beeinflussen. Terroir ist das Zusammentreffen von Klima, Boden und Landschaft, das Zusammenwirken einer unendlichen Anzahl von Faktoren: Nacht- und Tages-Temperaturen, Niederschlags-Verteilung, Sonnenschein-Stunden, Hangneigung und Boden-Durchlässigkeit, nur um einige wenige zu nennen. Alle diese Faktoren reagieren miteinander und bilden in jedem einzelnen Teil eines Weinbaugebietes das, was der französische Winzer Terroir nennt.

Kriterien für das Terroir

Entstehung des Begriffs

Erste Überlegungen über Zusammenhänge gab es bereits in der Antike, was durch die Schriften des Naturgelehrten Theophrastos (370-287 v. Chr.) bezeugt wird. Im Mittelalter beschäftigte sich in Frankreich der Zisterzienserorden experimentell mit dem Zusammenspiel all dieser Komponenten. Der Begriff Terroir ist aber erstmals in den späten 1920er-Jahren geprägt worden. Einer der Vorreiter für dieses Gedankengut war der Weingutsbesitzer Baron Pierre Le Roy de Boiseaumarié (1890-1967). Dieser beschrieb in den 1920er-Jahren die idealen Rebsorten für einen Rotwein des Bereiches Châteauneuf-du-Pape auf Grund des typischen Bodens und Klimas und definierte dafür einen geographisch abgegrenzten Bereich. Dieser wurde dann im Jahre 1935 als Appellation klassifiziert. Einen weiteren Impuls gab der Landwirtschafts-Professor Joseph Capus (1868-1947), der mit dem Baron als Pate des Appellations-Gesetzes und der 1935 gegründeten Vorläuferorganisation der INAO gilt.

Appellation d’Origine Protégée in Frankreich 

Der Begriff Terroir steht in Frankreich in engem Zusammenhang mit dem Herkunftssystem Appellation d’Origine Protégée sowie auch mit dem Begriff Grand Cru, der Klassifizierung von Weinen, Lagen (Weinbergen) und Weingütern. Terroir ist aber kein eindeutiger und allgemein gleich verstandener Begriff, der objektiv nach messbaren Kriterien definiert werden kann und natürlich auch ohne weinrechtliche Bedeutung. Auch von renommierten Autoren, Journalisten und Winzern wird unterschiedlich interpretiert. Einerseits wird Terroir als Summe aller natürlichen und zusätzlich durch den Menschen eingebrachten kulturellen Parameter wie Rebschnitt, Erziehungsform oder Bodenbearbeitung beschrieben, die die unverwechselbare Identität ausmachen. Das heißt, dass nicht nur die speziellen Umwelt-Bedingungen im Weingarten, sondern auch die Weinberg- und Kellerarbeit als über Generationen weitergebenes Wissen und kulturelles Erbe des Winzers dazu zählen.

Es gibt aber auch die Meinung, dass die das Terroir bestimmenden Komponenten hauptsächlich von der Natur bestimmt seien, kaum bis nicht durch den Menschen beeinflussbar sind und sich auch nicht durch verschiedene Techniken ändern. Das Resümee ist, dass es keinen wissenschaftlichen Nachweis dafür gibt, dass Terroir mehr ist als „nur“ eine Lagen- bzw. Gebiets-Charakteristik. Der Terroirgedanke wird auch zum Teil als hochgeschaukelte philosophisch-mystische Betrachtungsweise mit wenig realem Hintergrund gesehen. Trotzdem gibt es außerhalb Frankreichs Bestrebungen, die „Terroir-Philosophie“ über eine geschützte Herkunfts-Bezeichnung hinaus zu verstehen. In Übersee wurde dafür der Begriff Regionality geprägt.

Einfluss des Bodentyps

Welchen Einfluss hat nun tatsächlich der Bodentyp auf den Weincharakter bzw. Qualität? Die Staatliche Lehr- und Versuchsanstalt für Wein- und Obstbau Weinsberg hat auf ihrer Website folgendes veröffentlicht (die Zitierung erfolgt mit freundlicher Genehmigung des Autoren Dr. Dietmar Rupp): Der Begriff des „Terroir“, unter dem ausgewählte Parzellen (Appellationen) mit ähnlichem Boden und Kleinklima zusammengefasst werden, ist deutlich bodenkundlich geprägt. Das deutsche Weingesetz vereint dagegen unter einer „Lage“ jene Parzellen, aus deren Erträgen „gleichwertige Weine gleichartiger Geschmacksrichtung hergestellt zu werden pflegen“. In Frankreich hat die Bodenkunde in der weinbaulichen Forschung große Tradition. Jede geologische Formation besitzt für jede Rebsorte in einem abgrenzbaren Areal ihren „Optimumspunkt“ und damit sind benachbarte Flächen untergeordnet. Im Burgund entwickelte man für bestimmte Lagen (Climat) bzw. Appellationen sogar einen „topo-pedologischen Qualtitätsindex“ (topo = Ort, pedologisch = die Bodenkunde betreffend).

Bodentyp -  Sand, Geröll, Gras, Erde

In diesem Qualitätsmaß vereinigten sich Hangneigung, Durchwurzelungstiefe, Stein-, Kalk- und Tongehalt, sowie die Menge austauschbaren Kaliums. Dadurch konnte man den bekannten Grand-Cru-Lagen höhere Qualität zuweisen als Rebflächen in der weniger wertvollen Appellation Village oder Bourgogne. Ob sich Weine tatsächlich den Böden und Standorten ihrer Herkunft zuordnen lassen, wollten deutsche Forscher in den 1970er Jahren mit radiometrischen Methoden prüfen. Sie verglichen das Spurenelement-Muster von Weinen und zugehörigen Böden. Nachweisbar waren lediglich Effekte des Jahrganges und der Rebsorten, eine Standort-Zuordnung war nicht möglich. Allerdings sind während des Ausbaus durch Filtration oder Schönen Spurgehalts-Verschiebungen nicht auszuschließen. Hier zeigt sich der große Einfluss der Kellerwirtschaft und Verfahren.

Weinbauwürdigkeit

Möglichst optimale Bedingungen in Zusammenspiel von Klima, Wetter und Bodentyp sind positive Kriterien für die Weinbauwürdigkeit, das bedeutet die Eignung eines Gebietes für einen kommerziellen Weinbau.

weiterführende Informationen

Siehe bezüglich der Produktion von alkoholischen Getränken unter Champagner (Schaumweine), Destillation (Destillate), Spirituosen (Typen), Weinbereitung (Weine und Weintypen) und Weingesetz (weinrechtliche Belange). Alle Arbeiten und Hilfsmittel im Weinberg während des Vegetationszyklus sind unter Weingartenpflege angeführt. 

Graphik: Norbert F. J. Tischelmayer
Bodenarten: Pixabay 

Stimmen unserer Mitglieder

Hans-Georg Schwarz

Als Ehrenobmann der Domäne Wachau ist es für mich der einfachste und schnellste Weg, bei Fragen in das wein.plus-Lexikon einzusteigen. Die Gewissheit, hier fundierte und aktuelle Informationen zu erhalten, machen die Benutzung zu einem unverzichtbaren Ratgeber.

Hans-Georg Schwarz
Ehrenobmann der Domäne Wachau (Wachau)

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