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Tannine

tannins (GB)
tannino (I)
tanin (F)
tanino (ES)
tanino (PO)

Chemische Substanzen aus der Gruppe der Phenole (Polyhydroxyphenole), die in den Rinden vieler Bäume, Stauden und Sträucher sowie in den Schalen von Früchten wie auch in den Weintrauben vor allem von Rotweinsorten vorkommen. Sie dienen den Pflanzen letztlich als Abwehr gegen Pflanzenfresser bzw. Fressfeinden und auch dem Schutz vor Mikroorganismen. Tannine können eine Vielzahl von Viren inaktivieren und wirken deshalb antitoxisch. Sie wirken auch sehr stark gerbend, daher werden sie schon seit Jahrtausenden für die Produktion von Leder verwendet. Sie zählen zu großen Gruppe der Gerbstoffe, was auch als Synonym verwendet wird, wobei aber dieser Begriff gegenüber Tannine eher negativ oder abwertend besetzt ist.

tanninreiche Rebsorten - Blaufränkisch, Cabernet Sauvignon, Nebbiolo, Syrah, Tannat

Tannine in den Weintrauben

Der Tanningehalt im Wein ist vor allem von der Weinbereitung (Gärung und Ausbau) sowie von den Rebsorten abhängig. Zu den tanninreichen Sorten zählen unter anderem Aglianico, Alicante Henri Bouschet, Blaufränkisch, Cabernet Sauvignon, Cot (Malbec), Mandilaria, Monastrell (Mourvèdre), Nebbiolo, Petit Verdot, Sangiovese, Syrah und Tannat. Tanninarme Sorten bzw. welche mit „weichen Tanninen“ sind Carmenère, Cinsaut, Gamay, Garnacha Tinta, Merlot, Pinot Noir, St. Laurent, Schiava (Vernatsch, Trollinger) und Zweigelt. Je länger bei Rotweinen die Dauer der Maischegärung ist bzw. je stärker die Maische gepresst wird, umso mehr Tannine und Anthocyane (Farbstoffe) gelangen durch Extraktion in den Wein.

Der Hauptanteil im Wein stammt aus den Kernen, Kämmen (Rappen, Stielen) und den Schalen von Weintrauben; nur ein ganz geringer Teil kommt auch aus dem Fruchtfleisch. Deshalb nennt man sie auch „traubenbürtige Tannine“. Der geringere Anteil stammt aus dem Holz bei einem Fassausbau bzw. Barrique-Ausbau. Diese werden deshalb als „holzbürtige Tannine“ bezeichnet. Inzwischen gibt es für beide Gruppen sogenannte önologische Tannine, die zugesetzt werden können (siehe weiter unten).

Tannine im Wein

Alle Tannine sind geruchlos, leicht oxidierbar und in Wasser, Ethanol und Aceton löslich. Sie reagieren mit Eiweißstoffen (Proteinen). Deshalb sind Eiweißtrübungen bei Rotweinen eher selten, da die unlöslichen Tannin-Protein-Verbindungen ausgefällt und schon mit dem Geläger entfernt werden. Tannine sind ein wesentlich kennzeichnender Bestandteil von vor allem Rotweinen und zum geringen Teil auch von Weißweinen. Sie sind für den charakteristisch bitter-herben und adstringierenden Effekt verantwortlich, der übrigens nicht zu den geschmacklichen, sondern zu den trigeminalen Sinneseindrücken zählt.

Im Weinbau sind rund 30 verschiedene pflanzliche Tannine bekannt (es gibt aber wesentlich mehr Arten). Manche sind für die Qualität des Weines von Bedeutung, andere gelten als ungünstig. Der Gehalt an Tanninen und ihre Struktur sind ein ausschlaggebender Faktor für die Qualität eines Weines. Eine späte Weinlese und hohe physiologische Reife sorgen für reifere und als weich empfundene Tannine. Unreife Gerbstoffe hingegen schmecken grün, aggressiv und pelzig. Tannine verhindern die Oxidation des Weines, was aber auch durch Zugabe von Kaliumpyrosulfit erreicht werden kann. Der Tanningehalt eines Weines entscheidet weniger über die Lagerfähigkeit als vielmehr über dessen Lagerbedürftigkeit. Das bedeutet, dass Weine mit hohem Tanninanteil längere Zeit (einige Jahre bis Jahrzehnte) benötigen, um ihren Höhepunkt bzw. die optimale Trinkreife zu erreichen.

Bei einem Fassausbau wird durch die Holzporen in geringen Mengen Sauerstoff hinzugeführt, wodurch die Polymerisierung der Tannine mit den Anthocyanen (Farbstoffen) gefördert wird. Deshalb ist der Tanningehalt eines Weines nach einem Barrique-Ausbau meist geringer als vorher. Im Verlaufe der Flaschenreifung erfolgt eine weitere Polymerisierung mit nicht adstringierend wirkenden, langkettigen Molekülen, die als Depot zum Flaschenboden sinken. Dies ergibt einen milderen Geschmack.

Die Tannine variieren stark in ihrer chemischen Struktur und biologischen Aktivität. Auf Grund ihrer chemischen Eigenschaften werden sie in zwei Gruppen aufgeteilt. Die hydrolysierbaren Tannine teilen sich in Ellagtannine und Gallotannine, die wiederum aus einer Vielzahl von Arten wie zum Beispiel Corilagin, Grandinin, Geraniin, Isoterchebin, Roburin und Vescalagin bestehen. Durch Hydrolyse und Oxidation können sie in Glucose, andere mehrwertige Alkohole, Ellagsäure und Gallussäure umgewandelt werden. Die zweite Gruppe sind die kondensierten Tannine oder auch flavonoiden Tannine. Dazu zählen die Catechine.

Tanninindex

Bei Weißweinen liegt der Tanningehalt bei 0,3 g/l, jedoch bei Rotweinen bei bis zu 2,5 g/l (siehe eine Aufstellung aller Weininhaltsstoffe unter Gesamtextrakt). Für eine objektive Messbarkeit wurde der Tanninindex entwickelt. Der niedrige Anteil in Weißweinen liegt vor allem an der Art der Weinbereitung, da hier bei der Gärung in der Regel keine Kämme und Traubenkerne beteiligt sind. Nur bei einer Hülsenmaischung wird ein höherer Tanninanteil auch in Weißweinen erreicht.

önologisches Tannin (Pulber) und Barriquefass

önologische Tannine

Seit Mitte der 1980er-Jahre werden in der Rotweinbereitung verschiedene Techniken eingesetzt, um einerseits den Geschmack in Richtung „mild“ zu verbessern und andererseits die positive Auswirkung der Tannine bei der Alterung bzw. Flaschenreifung auf Textur und Haltbarkeit zu verbessern. Das sind vor allem beim Barrique-Ausbau der Anteil von neuen Fässern, die Eichenart und das Ausmaß des Toastings, Regulieren des Tanningehaltes durch Schönen, sowie eine gezielte, dosierte Sauerstoffzufuhr mittels Mikrooxigenation. Neu ist der Einsatz von önologischen Tanninen (vor allem holzbürtige), die bei der Weinbereitung individuell eingesetzt werden: bei der Maischegärung, nach dem BSA, vor dem Fassausbau oder vor Flaschenabfüllung. Die nicht unumstrittene Verwendung hat jedenfalls geschmacksverändernde Wirkung. Zwei negativ besetzte Begriffe für den Tanningeschmack sind grüne Tannine und tannin to lose. Siehe auch unter Weinansprache und Weinbewertung.

önologisches Tannin: Von Simon A. Eugster - Eigenes Werk, CC BY 3.0, Link
Barriquefass: By Gerard Prins - Own work, CC BY-SA 3.0, Link
Rebsorten: Ursula Brühl, Doris Schneider, Julius Kühn-Institut (JKI)

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Thorsten Rahn

Das Weinlexikon hilft mir, auf dem Laufenden zu bleiben und mein Wissen aufzufrischen. Vielen Dank für dieses Lexikon das an Aktualität nie enden wird! Das macht es so spannend, öfter vorbeizuschauen.

Thorsten Rahn
Restaurantleiter, Sommelier, Weindozent und Autor; Dresden

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