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Schwefel

sulphur (GB)
soufre (F)
zolfo (I)
zwavel (N)
azufre (ES)
enxofre (PO)

Das kristalline Element (S = Sulfur, mit der Bedeutung „langsam verbrennen“) mit typisch schwefelgelber Farbe ist für alle Organismen essentiell. Wie Stickstoff ist es ein wichtiger Baustein von Aminosäuren, Proteinen und Enzymen. Bei Mangel im menschlichen, tierischen und pflanzlichen Organismus ist der Eiweißstoffwechsel gestört. Die Wirkung als Konservierungsstoff beim Wein war schon in der Antike den Griechen und Römern bekannt und wird unter anderem von Homer (8. Jhdt. v. Chr.), Cato dem Älteren (234–149 v. Chr.) und Plinius dem Älteren (23-79 n. Chr.) erwähnt. Bis in das 17. Jahrhundert wurde das Schwefeln als „Arkanum“ (Geheimnis) gehandelt, das heißt als eine nur Eingeweihten bekannte Geheimwissenschaft, die nicht öffentlich zugänglich war. Nach wiederholten Überschwefelungen wurde der Zusatz von Schwefel zum Wein in einigen Ländern aus gesundheitlichen Gründen kurzzeitig verboten und bei Zuwiderhandeln streng bestraft.

Schwefel - Schwefelkristalle und Netzschwefel

kaiserlicher Erlass

Ein Meilenstein in der europäischen Weingeschichte war die Erlaubnis des römisch-deutschen Kaisers Maximilian I. (1459-1519), den Wein schwefeln zu dürfen. Dieser Erlass wurde im Jahre 1487 verkündet und die genauen Mengen zehn Jahre später auch gesetzlich festgelegt. Ein Loth Schwefel durfte für ein Fuder Wein verwendet werden. Man kann heute auf Grund nicht mehr genau verifizierbarer Maßeinheiten nicht mehr feststellen, wieviel das tatsächlich konkret war (in verschiedenen Quellen werden 40 mg/l genannt). Ab diesem Zeitpunkt wurde in vielen Weinbaugebieten bei der Weinbereitung regelmäßig geschwefelt. Dabei wurden Hobelspäne mit einer Mischung aus pulverisiertem Schwefel, Kräutern und Weihrauch getränkt und das Ganze im leeren Weinfass (kurz vor dem Abfüllen des Weines) verbrannt. In Frankreich wurde aber der Gebrauch von Schwefel bei der Weinbereitung erst im 18. Jahrhundert gestattet.

Schwefelseinsatz

Schwefel wird heute bereits beginnend im Weingarten bei der Weinlese sowie in den verschiedensten Stadien der Weinbereitung bis zur Flaschenabfüllung verwendet. Der Bedarf bzw. die Menge ist auch abhängig von der Rebsorte, dem Lesezeitpunkt, dem Traubenzustand und dem Weintyp. In der Regel benötigen Weißweine mehr als Rotweine, weil sie wesentlich mehr oxidationsanfällig sind. Das Schwefeln ist eine sehr wirksame und effiziente Konservierungs-, Stabilisierungs- und Hygiene-Maßnahme. Dadurch werden die ungeheuer aktiven Oxidations-Enzyme blockiert und damit Oxidation und Verderb unterbunden, Mikroorganismen wie Acetobacter (Essigsäure-Bakterien) und wilde Hefen werden stark gehemmt.

reduktive Wirkung

Im Weinbau ist vor allem ist die reduktive Wirkung von Schwefel positiv. Dieser reagiert nämlich so heftig mit Sauerstoff, dass jede andere nachteilige Reaktion mit anderen Stoffen im Traubenmost oder Wein verhindert wird. Damit wird die Haltbarkeit der Weine wesentlich verlängert. Weiters wird durch den Schwefel (in jedem Wein normalerweise nur gering enthaltenes) Acetaldehyd gebunden und damit eventuelle Oxidationsnoten unterdrückt. Ein Nachteil ist, dass durch Schwefel die Aromastoffe im Wein doch etwas beeinträchtigt werden.

Schwefelmittel

Das Schwefeln erfolgt mit verschiedenen Schwefelverbindungen (verboten ist aber Schwefelsäure). Für die Trockenkonservierung von Holzfässern werden Schwefelschnitten verbrannt und dadurch Schwefeldioxid erzeugt. Für Weintrauben, Most und Wein gibt es feste und flüssige Verbindungen. Im Pflanzenschutz wird pulverförmiger Netzschwefel besonders gegen Echten Mehltau benutzt, der sich besonders gut in Wasser lösen lässt. Die pulverförmigen Mittel Kaliumpyrosulfit (KPS = Kaliumverbindung) oder Metabisulfit (Natriumverbindung) werden direkt auf die Trauben gegeben, sodass beim Abbeeren und Maischen eine gute Durchmischung erfolgt. Je gesünder die Trauben, desto kleiner die Menge. Das bedeutet entsprechend höhere Mengen bei botrytisiertem Traubengut. Eine Zugabe zum Most oder Wein erfolgt in Form von KPS, flüssigem Schwefeldioxid oder auch von schwefliger Säure. Das Schwefeldioxid und die Sulfite reagieren mit Wasser bzw. Wein zu schwefliger Säure. Durch weitere Reaktionen können daraus andere Schwefelverbindungen wie Sulfate entstehen.

negative Auswirkungen

Schwefel ist für ein gesundes Pflanzenwachstum unbedingt erforderlich und wird über die Wurzeln aus dem Boden aufgenommen. Durch die jahrzehntelange Ausbringung in die Weingärten zwecks Bekämpfung des Echten Mehltaus gibt es vielerorts einen Überschuss im Boden. Auch in vielen Düngemitteln wie zum Beispiel Ammoniumsulfat, Bittersalz, Kaliumsulfat und Kieserit ist ebenfalls Schwefel enthalten. Zum Überschuss haben auch umweltbedingte Verschmutzungen wie saurer Regen durch die Verbrennung schwefelhaltiger, fossiler Brennstoffe beigetragen. Unsachgemäßes Schwefeln kann den Weinfehler Schwefelsäurefirn verursachen. Durch Oxidation von schwefliger Säure im Wein kann Schwefelsäure entstehen. Durch bestimmte Gärfehler wird Schwefelwasserstoff gebildet, der sich durch einen Böckser (Schwefelböckser) äußert.

gesundheitlicher Aspekt

Für den menschlichen Körper ist Schwefel bis zu Grenzwerten auch unproblematisch. Die WHO hat die akzeptable tägliche Aufnahme (ADI) mit maximal 0,7 mg pro kg Körpergewicht festgelegt. Nach neuesten Erkenntnissen sind Kopfschmerzen nach einem Weingenuss nicht auf den Schwefelgehalt, sondern auf Histamin und andere Ursachen zurückzuführen. Bereits geringe Mengen an Sulfiten können jedoch allergene Wirkung haben (Sulfitasthma). Seit 2005 ist gemäß EU-Verordnung bei mehr als 10 mg/l Gehalt Schwefeldioxid bzw. Sulfiten im Wein dies am Etikett anzugeben (dieser Wert wird übrigens nahezu bei allen Weinen überschritten). Es gibt strenge EU-Richtlinien für den maximal zulässigen Gesamtgehalt je Weintyp; siehe dazu eine Tabelle unter dem Stichwort schweflige Säure.

Alternativen für Schwefel

Schwefel ist, obwohl oft versucht, bis heute im Weinbau durch andere Stoffe kaum komplett zu ersetzen. Selbst im Biologischen (Ökologischen) Weinbau geht man nur von „möglichst geringen Mengen“ aus. Durch Verwendung von Ascorbinsäure, Dimethyldicarbonat, Lysozym oder önologischen Tanninen kann aber die erforderliche Menge zum Teil sogar stark reduziert werden. Immer mehr Produzenten versuchen vor allem bei der Rotweinbereitung, mit möglichst wenig (ohne) Schwefel auszukommen. Das wirkt sich positiv auf das Geschmacksbild des Weines aus.

weiterführende Informationen

Siehe bezüglich der Produktion von alkoholischen Getränken unter Champagner (Schaumweine), Destillation (Destillate), Spirituosen (Typen), Weinbereitung (Weine und Weintypen) und Weingesetz (weinrechtliche Belange). Alle Arbeiten und Hilfsmittel im Weinberg während des Vegetationszyklus sind unter Weingartenpflege angeführt. 

Bild links: Von Rob Lavinsky, iRocks.comCC BY-SA 3.0, Link
Bild rechts: Von Petr Dlouhý - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, Link

Stimmen unserer Mitglieder

Dominik Trick

Das wein.plus-Lexikon ist ein umfangreiches, fachlich sehr gut recherchiertes Nachschlagewerk. Jederzeit und überall verfügbar, ist es ein unverzichtbarer Bestandteil für den Unterricht geworden, das gleichermaßen von Studierenden und mir genutzt wird. Überaus empfehlenswert!

Dominik Trick
Technischer Lehrer, staatl. geprüfter Sommelier, Hotelfachschule Heidelberg

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