Der Falerner (auch Falernum) war wohl berühmteste aller antiken Weine und galt vom 1. bis zum 4. Jahrhundert als „der Wein der Cäsaren“. Er wurde an der Grenze zwischen Latium und Kampanien an den Südhängen des Monte Massico, an der Gabelung der Straßen Via Appia und Via Domizina produziert. Ager Falernus (falernisches Feld) war die Bezeichnung für die fruchtbare Ebene zwischen den damals so bezeichneten Bergen Massicus und Callicula, die vom kleinen Fluss Savo durchflossen wird. Der Fluss Volturnus (heute Volturno) bildet die Grenze zum restlichen Kampanien (Ager Campanus). Er war in drei Lagen bzw. Qualitäten unterteilt. Der Cauciner wurde oben auf den Hügeln, der Faustitianer an den Hängen und der eigentliche Falerner am Fuße der Hügel angebaut. Die Reben wuchsen damals an Ulmen und Maulbeerbäumen oder wurden an Spalieren gezogen.
Der römische Gelehrte Plinius der Ältere (23-79 n. Chr.) berichtet, „dass die beste Qualität vom Weingut des Faustus kommt, es die drei Arten trocken, süß und leicht (austerum, dulce, tenue) gibt und dass er (auf Grund hohen Alkoholgehalts) Feuer fängt, wenn man eine Flamme an ihn hält“. Die Dichter Horaz (65-8 v. Chr.), Martial (40-102) und Vergil (70-19 v. Chr.) rühmten den Falerner. Der griechische Arzt Galen (129-199) zählt ihn zu den besten Weinen seiner Zeit. Selbst ein römischer Kaiser (mit philosophischer Orientierung), nämlich Marc Aurel (121-180), hat ihn erwähnt: „Wie wichtig ist es doch, sich bei Delikatessen und ähnlichen Speisen vorzustellen, dass dieses die Leiche eines Fischs, jenes die Leiche eines Vogels oder Schweines ist, ebenso, dass der Falerner der Saft einer Traube ist und das Purpurgewand die Wolle eines Schafes mit Blut einer Muschel benetzt.“
Falerner gab es in weißen und roten Varianten von trocken bis süß (aus rosinierten Trauben). Aber auch andere Weine wurden unter dem prestigeträchtigen Namen vermarktet, denn damals waren auch Wein-Verfälschungen in großem Umfang üblich. Die weiße Variante wurde aus der Aminea, eine der wichtigsten antiken Rebsorten, gekeltert, die möglicherweise davon abstammende Falanghina wird heute im DOC-Weißwein Falerno del Massico verwendet. Dieser war von bernsteingelber bis brauner Farbe, sehr süß und stark und ähnelte in Herstellung und Geschmack vermutlich einem Sherry. Auf Grund des hohen Alkoholgehaltes wurde er mit Wasser (auch Meerwasser) gemischt. Außerdem wurde er auch zur Herstellung des Honigweines Mulsum verwendet. Die rote Variante wurde nach einer Hypothese aus einem Vorfahren der Sorte Aglianico gekeltert.
Der langlebige Wein wurde in Amphoren gelagert. Der Jahrgang 121 v. Chr. wurde unter der Bezeichnung „Opimianer“ berühmt, weil zu dieser Zeit Lucius Opimius das Amt des Konsuls bekleidete und es üblich war, die Jahre nach dem Konsulat zu bezeichnen. Über den Wein berichtete noch Cicero (106-43 v. Chr.) 46 v. Chr. Und Plinius der Ältere (23-79) schrieb noch später, dass der weit über 100 Jahre alte Opimianer zu einer Art bitteren Honigs eingedickt, aber immer noch als Wein erkennbar und überaus teuer sei. Im berühmten Satyricon des Petronius (14-66) kredenzt der Gastgeber Trimalchio seinen Gästen einen Opimianer, der auf dem Amphoren-Etikett als „hundertjährig“ ausgewiesen war. Da dieses Gastmahl aber erst um 60 n. Chr. stattfand (und damit der Wein rund 180 Jahre alt), ist ein damals nicht seltener Etikettenschwindel nicht auszuschließen.
In den Ruinen von Pompeji wurde an der Wand eines Weinhauses eine Preisliste gefunden: „Für ein As bekommst du Wein, für zwei As den besten und für vier As Falerner“. Ein As war eine Kupfermünze, die Menge Wein ist aus der Inschrift nicht zu entnehmen. Es ist aber zu bezweifeln, dass es sich um echten Falerner handelte, da ein solcher sicher mehr als nur das Vierfache eines einfachen Weines gekostet hat. Nach einer antiken Quelle kostete im ersten Jahrhundert n. Chr. ein halber Liter Falerner einen Sesterz, das war ein Viertel eines Arbeiter-Tageslohnes. Im antiken Rom wurde auch die kostbarste Bernsteinsorte wegen ihrer Farbähnlichkeit als „Falerner“ bezeichnet. Siehe auch unter Symposion und Trinkkultur.
Marc Aurel: von User:Bibi Saint-Pol, own work, Gemeinfrei, Link
Graphik: Norbert F. J. Tischelmayer
Das wein.plus-Lexikon ist ein umfangreiches, fachlich sehr gut recherchiertes Nachschlagewerk. Jederzeit und überall verfügbar, ist es ein unverzichtbarer Bestandteil für den Unterricht geworden, das gleichermaßen von Studierenden und mir genutzt wird. Überaus empfehlenswert!
Dominik Trick
Technischer Lehrer, staatl. geprüfter Sommelier, Hotelfachschule Heidelberg