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Bordeaux-Weinhandel

Bordeaux comercio del vino (ES)
Bordeaux négoce du vin (F)
Bordeaux wine trade (GB)
Bordeaux comércio de vinho (PO)
Bordeaux commercio del vino (I)

Die Bedeutung der Stadt Bordeaux als Handelshafen für Weine ist durch die Verbindung mit England Mitte des 12. Jahrhunderts entstanden. Im Jahre 1152 heiratete Eleonore von Aquitanien (1122-1204) Heinrich Plantagenet Graf von Anjou (1133-1189). Eleonore brachte als Mitgift unter anderem die Gascogne und den heutigen Bereich Bordeaux ein. Als ihr Gatte im Jahre 1154 als König Heinrich II. den englischen Thron bestieg, erhob er Anspruch auf weite Teile Frankreichs. Damit begann der über 300 Jahre lange Zwist zwischen England und Frankreich mit dem Hundertjährigen Krieg (1337 bis 1453) als Höhepunkt. Über den Hafen Bordeaux wurden zur Zeit der englischen Herrschaft in großem Umfang Weine nach England verschifft. Es ist kein Zufall, dass sich hier dann als Folge bedeutende Handelsfirmen etablierten, wo die Weine bei Auktionen versteigert wurden.

Bordeaux - Karte

Höhepunkt im Mittelalter

Der Höhepunkt im Bordeaux-Weinhandel wurde dann im 14. Jahrhundert erreicht, in dem die bis heute bestehende Vintners Company (Vereinigung englischer Weinhändler) gegründet wurde. Mitte dieses Jahrhunderts wurden jährlich geschätzte 700.000 Hektoliter Clairet (Claret) nach England verschifft, das entsprach durchschnittlich immerhin sechs Flaschen jährlich pro Kopf. Im Jahre 1453 kamen schließlich nach langwierigen Kriegen und Wirren alle englischen Ländereien auf dem Festland endgültig zu Frankreich. Der Weinhandel blieb zwar mit England aufrecht, erreichte aber nie mehr das Volumen von früher. Auf jeden Fall war das der Grundstein für viele Négociants (Weinhändler) im Bordeaux.

Um die Mitte des 17. Jahrhunderts stieg Holland, das Kernland der heutigen Niederlande, zur weltweiten Seemacht auf und entwickelte einen ungeheuren Bedarf an Wein bzw. alkoholischen Getränken aller Art. Der Wein wurde in großen Mengen unter anderem in Bordeaux eingekauft und per Schiff in die zahlreichen holländischen Kolonien in Übersee gebracht. Zwecks Haltbarkeit wurden die Weine oft gespritet. Durch diese Geschäfte kamen Holländer ins Land, die durch Rodung der Sümpfe im Médoc hier den Weinbau in größerem Umfang begründeten. Am Ende dieses Jahrhunderts eskalierte der Handelskrieg zwischen Frankreich und England, als Folge wurden die Zölle auf französischen Wein ständig erhöht.

Markt in England

In England entstand ein exklusiver Markt für Bordeauxweine, die sich nur begüterte Kreise leisten konnten. Von dort stammende Weinhändler gründeten Handelshäuser in Bordeaux. Das waren Barton & Guestier (1725), William Johnston (1734) und Tastet & Lawton (1740). Später folgten deutsche wie Cruse (1819), Eschenauer (1821), Kressmann (1858) und Sichel (1883). Bedeutende Häuser französischen Ursprungs sind das Familienimperium Borie-Manoux bzw. Castéja (1870), Dourthe-Kressmann (1840), Calvet (1870), Castel Frères (1949), Cordier (1886), Merlaut und Moueix (1930). Starke Verbindungen gab es bereits ab Anfang des 18. Jahrhunderts und gibt es bis heute durch das deutsche Weinhandelshaus Carl Tesdorpf Weinhandel zu Lübeck.

Négociants (Handelshäuser) in Frankreich

Die Négociants (Handelshäuser) beschäftigten sich aber nicht nur mit An- und Verkauf. Der eingekaufte Wein wurde in den Chais (Kellern) in Bordeaux oder Umgebung gelagert und ausgebaut und dann im Fass und später auch Flasche vertrieben. Ihre Kellermeister waren oft viel besser ausgebildet als die der Produzenten. Das Bindeglied zwischen Produzenten und Handelshäusern bildeten Makler. Damit war auch der Verschnitt von Weinen verschiedener Qualitäten und unzulässigerweise selbst auch Weingütern möglich. Nach dem Zweiten Weltkrieg (1939-1945) trat diesbezüglich ein grundlegender Wandel ein. Bis dahin hatten zum Großteil auch exzellente Produzenten Wein im Fass an die Händler verkauft.

Einer der Pioniere war Baron Philippe de Rothschild (1902-1988), der zum Ärger der Handelshäuser schon ab dem Jahrgang 1924 die komplette Selbstabfüllung der Weine seines Château Mouton-Rothschild eingeführt hatte. Diese Erzeugerabfüllung wurde auf dem Etikett durch die Bezeichnung „Mise en bouteilles au Château“ dokumentiert. Es dauerte aber dann noch bis zum Jahre 1959, bis dass auch die Crus Classés nur noch in Erzeugerabfüllung an den Handel abgegeben wurden. Damit war die Vormachtstellung der ehemals fast allmächtigen Bordeaux-Weinhandelshäuser stark reduziert. Bezüglich Rebflächen und Weinmengen aller Weinbauländer siehe unter dem Stichwort Wein-Produktionsmengen.

Karte: Von Domenico-de-ga aus der Wikipedia, CC BY-SA 3.0, Link
Veränderungen vom Original durch Norbert Tischelmayer 2017

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Markus J. Eser

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Markus J. Eser
Weinakademiker und Herausgeber „Der Weinkalender“

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