wein.plus
ACHTUNG
Sie nutzen einen veralteten Browser und einige Bereiche arbeiten nicht wie erwartet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser.

Anmelden Mitglied werden

Barrique-Ausbau

barrique maturation (GB)
affinato in barrique, barricato (I)
élevé en fût, élevé en fût de chêne (F)
in eikvat rijpen (N)
crianza en barrica, barrica, roble (ES)

Bezeichnung für einen Weinausbau in kleinen Holzfässern, die außerdem gegenüber konventionellen Holzfässern an den Innenwänden mittels Feuerung angeröstet (getoastet) sind. Es handelt sich also um eine besondere Form des Fassausbaus mit dem Ziel, Holz- und Röstgeschmacksstoffe in den Wein einzubringen. Durch den Barriqueausbau gelangen somit verschiedenartige Aromastoffe zusätzlich in den Wein. Die Bezeichnung leitet sich von Barrique, dem im Bordeaux hauptsächlich verwendeten Fasstyp mit dem Standardvolumen von 225 Litern ab. Als Barriquefass gelten jedoch auch größere Fässer bis zu 700 Litern. Bis zu welcher Fassgröße man von einem „echten“ Barrique-Ausbau sprechen kann, ist allerdings länderspezifisch geregelt. In der Regel werden die Fässer aus Eichenholz spezieller Eichenbäume hauptsächlich aus Frankreich und Amerika (und auch einheimischer Eichen), aber auch anderer Holzarten wie Akazien oder Kastanien gefertigt.

Erfindung des Barrique-Ausbaus

Die Franzosen wenden dieses Verfahren seit mehr als 200 Jahren an. Als einer der ersten gilt Louis-Gaspard d’Estournel (1753-1844), der Besitzer des Château Cos d’Estournel in der in der Gemeinde Saint-Estèphe. Dieser machte Anfang des 19. Jahrhunderts die Erfahrung, dass einige in Übersee nicht verkaufte und wieder retour gekommene Weinpartien nach dem Rücktransport geschmacklich besser geworden waren. Er beschloss, alle seine Weine vor dem Verkauf in Holzfässern zu transportieren. Begünstigt wurde das auch durch die Engländer als Abnehmer von Bordeauxweinen. Sie bemerkten, dass der im Holzfass transportierte Wein haltbarer wurde und verlangten nach dieser Qualität.

Eine weitere Popularisierung erfolgte durch den Transport in die deutschen Hansestädte Bremen, Hamburg und Lübeck, an die der Bordeauxwein als Rotspon geliefert wurde. Winzer aus Bordeaux, die ihre hanseatischen Kunden besuchten, erkannten ihre eigenen Weine auf Grund positiver Veränderung nicht mehr. Erst später wurde das Toasting üblich, das heißt, die Fässer innen anzurösten und damit zusätzliche Geschmacksnoten zu erzeugen. Weltweit kam der Barrique-Ausbau aber erst ab den 1970er-Jahren in Mode und setzte sich nach anfänglicher Reserviertheit auch in Deutschland und Österreich durch.

Verfahren

Die Barrique-Weine werden in diesen kleinen Fässern längere Zeit ausgebaut, das heißt reifen gelassen. Bereits durch einmaliges Verwenden eines Fasses verliert dieses bis zu 85% seiner Aromen. Ein Barrique-Fass kann deshalb nur zwei- bis dreimal belegt werden, was die Weinherstellung stark verteuert. Werden ausschließlich neue Eichenfässer für den Ausbau verwendet, spricht man von „100%“. Bei „50%“ wird 50% in neuen und 50% in einmal gebrauchten Fässern gereift. Danach erfolgt ein Egalisieren (Mischen) der Fässer. Es gibt die Bandbreite zwischen „20%“ bis „100%“. Einige Produzenten bauen sogar in „200%“ aus (z. B. Château Valandraud). Dies bedeutet, dass der Wein von einem neuen Fass in ein weiteres neues Fass umgefüllt wird. Das Ausmaß bzw. die Intensität des „Holztons“ (Toastaroma) ist vom Verbraucher-Geschmack abhängig, der Trend geht in Richtung „weniger“. Der französische Önologe Émile Peynaud (1912-2004) meinte: „Man muss das Holz bei den Weinen so einsetzen wie die Gewürzkräuter in der feinen Küche: Es muss die übrigen Aromen noch besser zur Geltung bringen.“

Ein Barrique-Ausbau erfolgt vor allem bei Rotweinen, bei Weißweinen ist dies eher die Ausnahme. Der Wein wird entweder erst nach der im Gärtank ablaufenden Gärung und darauffolgenden malolaktischen Gärung in die Barriquefässer gefüllt, genau so gut können aber die beiden Gärprozesse bereits in Barriquefässern durchgeführt und danach für den Ausbauprozess in andere Barriquefässer umgefüllt werden (Barrique Passage). Die Rotweine sollten jedenfalls reich an Tanninen, Extrakt und Alkohol (ideal sind zumindest 12,5%) und qualitativ hochwertig mit Lagerungspotential sein. Weniger bis nicht geeignet sind Weine, die nach der Reifung Frische, sowie fruchtige, blumige Aromen aufweisen sollen. Schlimmstenfalls wird das sortentypische Aroma völlig überdeckt (maskiert). Dies betrifft hauptsächlich weiße Bukettsorten, vor allem den Riesling.

Barriquefasskeller

geeignete Rebsorten

Prädestiniert für einen Barrique-Ausbau sind die Rotwqeinsorten Cabernet Franc, Cabernet Sauvignon, Merlot, Nebbiolo, Pinot Noir, Sangiovese, Syrah (Shiraz) und Tempranillo, sowie die Weißweinsorten Chardonnay, Macabeo, Sauvignon Blanc, Sémillon und Viognier. Bei der Reifung im Fass erfolgt eine Wechselwirkung zwischen den im Wein enthaltenen Gerbstoffen und den aromatischen Substanzen des Eichenholzes wie Eugenol, Furfural, Tannin, Terpen und Vanillin. Im Wein entsteht dadurch je nach der verwendeten Holzart, der Art des Holzschnittes der Fassdauben und vor allem der Intensität des Toasting (Fasseinbrand) ein typischer Geschmackston nach Karamell, Kaffee und Toastbrot; der Wein wird dabei sensorisch wesentlich verändert. Mit zunehmendem Alter nimmt dieser Geschmack im Verlaufe der Flaschenreifung bzw. Alterung wieder ab.

Ausbau bzw. Reifung

Barrique-Weine müssen unbedingt die malolaktische Gärung durchlaufen, um die Apfelsäure abzubauen. Die Lagerzeit richtet sich nach der gewünschten Intensität des Holztons, der wesentlich vom Alter des Fasses abhängt. Regelmäßige Kontrolle durch Verkosten ist wichtig, weil Rotweine zur Bildung von Essigsäure neigen (siehe auch unter Acetobacter). Während des Barrique-Ausbaus, der bei Rotweinen zumindest 6, in der Regel 12 bis 24 Monate (aber im Extremfall auch länger bis 48 Monate), bei Weißweinen meist weniger lang dauert, wird der Wein von Zeit zu Zeit in ein anderes Fass umgefüllt, vorsichtig belüftet und dabei vom Bodensatz (frz. lie) getrennt. Der Ausbau in Barriques ist aufwändig und kostenintensiv. Ein Fass kostet zwischen € 350 (amerikanisch) bis € 550 (französisch). Deshalb versucht man verschiedene Alternativen (siehe ganz unten).

weingesetzliche Vorgaben

In Deutschland und Österreich wurde der Barrique-Ausbau erst ab Anfang der 1980er-Jahre populär und setzte sich vorerst nur langsam durch. Besonders in Deutschland war das anfangs mit großen Problemen verbunden, denn in Barrique ausgebaute Weine entsprachen bezüglich des Geschmacksbildes nicht den Bestimmungen des deutschen Weingesetzes. Untersagt war zum Beispiel die Einfüllung von Wein in ein Behältnis, damit dessen Geruchs- und Geschmacksstoffe prägend in das Erzeugnis übergehen (nur für die Lagerung von Branntwein in Eichenholzfässern erlaubt). Deshalb wurden bei der Vergabe der amtlichen Prüfnummer im Zuge der Qualitätswein-Prüfungen solche Weine als Tafelweine deklassiert. Nach anfänglicher Zurückhaltung nahm schließlich die Qualitätsprüfbehörde unter dem Druck der Praxis aber auch „Barriqueweine“ zur Prüfung an. Die Rechtsgrundlage für diese Methode fehlte aber nach wie vor. Als schließlich im Jahre 1996 geregelt wurde, unter welchen Voraussetzungen die Bezeichnung „in Barrique gereift“ zulässig ist, besteht auf den „Umweg über das Bezeichnungsrecht“ eine faktische Rechtslage, die auch die Herstellung und das Inverkehrbringen nicht mehr beanstandbar macht.

Zwecks Image-Verbesserung wurden spezielle Winzer-Vereinigungen gegründet, so zum Beispiel HADES (1986), Deutsches Barrique-Forum (1991) und Barrique Forum Pfalz (1993). In Österreich gab es eine ähnliche Entwicklung. Die Kostkommissionen deklassierten anfangs die Barrique-Weine als Landwein oder sogar Tafelwein. Im Jahre 1997 wurde weingesetzlich festgelegt, dass nur Qualitätsweine (erst ab dem Jahre 2018 auch Landweine) am Etikett die Bezeichnung „Barrique“ oder „im Barrique gereift“ tragen dürfen, wenn bei der sensorischen (organoleptischen) Prüfung festgestellt wurde, dass der Wein durch Lagerung im Eichenholzfass „erkennbare und harmonische Geschmacksstoffe erhalten hat“. Dies wird aber kaum mehr genutzt. Ob ein Wein in Barrique ausgebaut ist, kann man also nur am Geschmack oder Preis erkennen.

Die Angabe Barrique ist in Deutschland nur bei Fässern aus Eichenholz bis maximal 350 Liter Volumen erlaubt; Österreich hat sich an diese weingesetzliche Regelung angelehnt. In Beschreibungen werden oft die Bezeichnungen kleines Holzfass (Barrique, mit Holzton = Toastaroma) und großes Holzfass (größere Volumina, kein Holzton) o. ä. verwendet. Gebräuchliche Texte sind, wobei nur der erste zweifelsfrei Barrique-Ausbau bedeutet:

  • im Barrique gegoren/ausgebaut/gereift: Eichenholzfass, bis 350 Liter
  • im Eichenfass gegoren/ausgebaut/gereift: Eichenholzfass, über 350 Liter
  • im Fass gegoren/ausgebaut/gereift: verschiedene Hölzer und/oder Volumina möglich
  • englische bzw. internationale Begriffe siehe unter Barrel

In Übersee war Kalifornien das erste Land, wo ab den 1970er-Jahren in großem Umfang versucht wurde, Rotweine im Bordeaux-Stil herzustellen. Dabei wurden sowohl die verwendeten Rebsorten, als auch der Barrique-Ausbau imitiert, was durch französische Önologen in beratender Funktion unterstützt wurde. Eines der bekanntesten Beispiele ist der im Jahre 1979 kreierte Opus One. Von dort aus verbreitete sich das Verfahren sehr schnell über die ganze Welt und fast alle großen Rotweine dieser Welt werden heute in allen namhaften Weinbauländern in den kleinen Eichenholzfässern ausgebaut. Ab Ende der 1990er-Jahre ging dann aber der Trend wieder zurück in die andere Richtung. Damit ist sowohl in kleinerem Umfang das Verfahren an sich, sowie in größerem Umfang die Intensität zu verstehen. Besonders in Italien, Deutschland und Österreich bemüht man sich vermehrt, die langen Lagerungszeiten zu reduzieren bzw. weniger tanninbetont auszubauen. Auch in Übersee kommt dies nun zunehmend in Mode, was am Etikett mit „unwooded“ deklariert ist. Unter den Konsumenten gibt es vermehrt Kritiker, die einen übertriebenen Gebrauch ablehnen und lieber auf fruchtbetonte, sortentypische Weine setzen.

Alternativen zum Fass

Als Alternative zum relativ teuren und aufwändigen Barrique-Ausbau mittels konventioneller Barriquefässer gibt es in der Neuen Welt schon seit längerem Alternativen. Das sind Wood-chips (kleine Eichenholzstücke) und Staves (Eichenlatten) sowie spezielle viereckige Behälter als Alternative zu konventionellen Barriquefässern unter den Markennamen rebarriQue und Stakvat. Als eher fragwürdig ist die Zugabe von aromatischen Eichenholz-Essenzen zum Wein zu bezeichnen. Innerhalb der EU wurden solche Techniken bislang nur zum Teil mittels Ausnahmeregelung versuchsweise erlaubt. Durch das 2005 unterzeichnete Handelsabkommen zwischen EU und den USA ergab sich eine Liberalisierung (siehe dazu unter Weingesetz). Innerhalb der EU ist die Zugabe zum Wein von önologischen Tanninen (in fester Form) und seit 2007 auch Wood-chips erlaubt.

Verlängerung der Nutzungsdauer

Es gibt verschiedene Verfahren, die Nutzungsdauer der in Regel nur dreimaligen Verwendungsmöglichkeit zu verlängern. Dabei werden die Fässer „aufgefrischt“. In Österreich bietet die Firma Thonhauser eine sogenannte Rekonditionierung an. Das Fass wird zuerst mit einer Alkalilösung gereinigt und dann mit einer sauren Lösung gespült. Die Holzwände werden dadurch vom Weinstein gereinigt, Mikroorganismen eliminiert und die Holzporen geöffnet. Bei einem Verfahren der Firma Barreco werden die Fässer mit einem Hochdruckwasserstrahl ausgefräst und neu getoastet. Einige Fassproduzenten und Tischlereibetriebe bieten Techniken an, die gebrauchte Holzoberffläche zu entfernen und die Fässer ebenfalls neu zu toasten. Bei einem weiteren Verfahren erfolgt der Ausbau mit einer Kombination von gebrauchten Barriquefässern und Eichenholzchips.

Durch Analysen und Vergleiche all dieser sehr neuen Verfahren mittels Verkostungen der damit ausgebauten Weine im Zuge einer Forschungsarbeit am Klosterneuburger Weinbauinstitut (NÖ) wurde festgestellt, dass ein wiederhergestelltes Fass sich nicht genauso wie ein neues Fass verhält. Bisher haben sich aber keine wesentlichen Weinqualitätsunterschiede ergeben. Auf jeden Fall sind diese neuen Verfahren eindeutig kostengünstiger.

weiterführende Informationern

Unter dem Stichwort Fass sind zum Themenkomplex alle relevanten Stichwörter mit weiterführenden Informationen angeführt. Bezüglich der Produktion von alkoholischen Getränken siehe unter Champagner (Schaumweine), Destillation (Destillate), Spezialweine, Spirituosen (Typen), Weinbereitung (Weine und Weintypen) und Weingesetz (weinrechtliche Belange). 

Stimmen unserer Mitglieder

Sigi Hiss

Es gibt unübersichtlich viele Quellen im Web, bei denen man sich Wissen über Wein aneignen kann. Doch keine hat den Umfang, die Aktualität und die Richtigkeit der Informationen des Lexikons von wein.plus. Ich benutze es regelmäßig und verlasse mich darauf.

Sigi Hiss
freier Autor und Weinberater (Fine, Vinum u.a.), Bad Krozingen

Das größte Weinlexikon der Welt

26.381 Stichwörter · 46.989 Synonyme · 5.323 Übersetzungen · 31.715 Aussprachen · 202.661 Querverweise
gemacht mit von unserem Autor Norbert Tischelmayer. Über das Lexikon

Veranstaltungen in Ihrer Nähe

PREMIUM PARTNER