wein.plus
ACHTUNG
Sie nutzen einen veralteten Browser und einige Bereiche arbeiten nicht wie erwartet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser.

Anmelden Mitglied werden

Auge

oeil (F)
bud (GB)
gemma, occhio (I)
bourgeon (F)
yema (ES)
rebento (PO)

Bezeichnung (in der Botanik auch Knospe oder Gemma) für den jugendlichen Zustand eines neuen Sprosses bzw. Triebes. Beim Rebstock befindet sich das Auge in den Blattachseln an den Nodien (Knoten) von einjährigen Trieben, weshalb es auch als Achselknospe oder Axillarknospe bezeichnet wird. Das sogenannte Winterauge besteht aus verholzten Hüllblättern, die in mehreren Lagen übereinander geschichtet sind und die primären, bereits vordifferenzierten Anlagen des Neutriebs umhüllen. In Miniaturform bereits zu erkennen sind die Triebsegmente der Sprossachse mit den seitlich angewinkelten Anlagen für Blätter (Laub), Ranken (Befestigungsorgane) und Blütenstände (Gescheine). Die Hohlräume in der Knospe sind mit feinen Wollhaaren ausgefüllt, so dass die Triebanlage während der Winterruhe bis zum Austrieb im Frühjahr vor physischen Verletzungen, Frost und Nässe geschützt ist. An der Stelle der Nodien befindet sich das Diaphragma (Holzbrücke).

Auge (Knospe) - Zeichnung und Foto

Hauptauge und Nebenauge

Neben dem Hauptauge (Anlage für Haupttrieb) enthält jede Winterknospe zudem zwei lateral (lateralis = seitlich) an der Basis des Knospenbodens sitzende Beiaugen (Nebenaugen). Diese sind ebenfalls bereits vordifferenziert, aber einfacher aufgebaut und dienen im Notfall als Ersatzknospen. Sie treiben in der Regel nur dann aus, wenn das Hauptauge oder der daraus hervorgehende junge Trieb durch äußere Umstände wie zum Beispiel Frühfrost, Wildverbiss (durch Rehe oder Hasen) oder Insektenfraß zerstört wurde oder im Frühjahr zum Beispiel durch Milbenbefall im Wachstum gehemmt bleibt. Dann ist die hormonelle Dominanz des Haupttriebs gebrochen, der Austrieb der Beiaugen wird nicht mehr unterdrückt, und es können sich ein bis zwei in der Regel kürzere Seitentriebe bilden, die jedoch unfruchtbar sein können.

Sommerauge und Winterauge

Nach dem Austrieb während der Wachstumsperiode des einjährigen Fruchttriebs bilden sich nach Ausdifferenzierung der jungen Blätter wieder neue Axillarknospen in den Blattachseln. Diese Knospen stellen eine Doppelknospen-Anlage (Doppelaugen) mit Sommerauge und Winterauge dar. Die Sommeraugen sind die Anlage für die aus den Blattachseln der Fruchtruten im Sommer wachsenden Geiztriebe. Ihr Austrieb ist hormonell gesteuert und sortenspezifisch, sie können aber müssen nicht aus den Sommeraugen austreiben. Bis in den Frühsommer hinein ist das Sommerauge größer entwickelt als das Winterauge. Falls es nicht zum Geiztrieb auswächst, verkümmert es zumeist, während die zweite Knospenanlage (Winterauge) in der Blattachsel anschwillt und zur lebenskräftigen Winterknospe ausreift. Diese treibt nicht mehr aus, sondern überdauert auf Grund der isolierenden Wolle unter den verholzten Knospenschuppen optimal geschützt den Winter.

Mit ansteigenden Temperaturen bricht die Winterknospe im Spätfrühling beim Austrieb auf, um zu einem neuen Langtrieb auszuwachsen, in dessen Blattachseln wieder Doppelknospenanlagen mit Sommer- und Winterauge entstehen. Sommer- und Winterknospe sind in der Blattachsel räumlich eng assoziiert, sie sind zueinander aber nicht gleichrangig, sondern nachfolgend (ungleichwertig). Denn die Winterknospe ist anatomisch die Achselknospe des einzigen Schuppenblattes der Geizknospe, so dass sie eine basisnahe Knospenbildung eines potentiellen Geiztriebs darstellt. In milden Wintern kann eine verkümmerte Sommerknospe auch ein Jahr überdauern, so dass sich im nächsten Frühjahr an der Basis des Fruchttriebs noch ein Beitrieb daraus entwickeln kann. Beim winterlichen Rebschnitt wird der Rebstock auf die gewünschte Anzahl Winteraugen) zurückgeschnitten. Eine gute Maßeinheit ist das Schnittholzgewicht, man belässt pro Kilogramm geschnittenem Holz 30 Augen.

Aus den am einjährigen Holz stehen gelassenen Augen gehen im Frühjahr beim Austrieb neue Fruchttriebe hervor, die wieder Blätter, Blüten, Knospen und Ranken tragen. Ohne einen jährlichen Rebschnitt im Winter würden sich aus den Jahresknospen der Triebe jedes Jahr neue seitliche Stockwerke mit neuen Trieben und Knospen entwickeln. Der Rebstock würde sich flächenmäßig immer weiter ausdehnen, eine rationelle Bewirtschaftung wäre aber in solch einer Größe nicht mehr möglich (den diesbezüglichen Rekord hält eine Versoaln-Rebe in Südtirol). Da dieser Wildwuchs zu unkontrolliert extrem höheren Erträgen und damit unweigerlich zu Qualitätseinbußen beim Wein führen würde, muss das bereits erwähnte Zurückschneiden erfolgen.

Basalauge

Bezeichnung für die Axillarknospen (Achselknospen) an der Basis von einjährigen Trieben. Dieser Bereich wird bereits kurz nach Knospenausbruch ausgebildet. Die Internodien sind noch sehr gestaucht, so dass mehrere Nodien mit wechselständigen Achselknospen eng übereinanderstehen. Diese Knospen treiben meist nur aus, wenn beim Rebschnitt auf Zapfen (sehr kurze Triebe) zurückgeschnitten wird. Unterschiedlich je nach Rebsorte sind die Basalaugen in ihrer Fruchtbarkeit reduziert. Es gibt sogar extrem empfindliche Rebsorten wie zum Beispiel Luglienga Bianca (Seidentraube), die an den ersten fünf Basalaugen ganz unfruchtbar ist, so dass ein Kopfschnitt  auf Zapfen zum Totalausfall der Ernte führen würde.

schlafendes Auge

Als schlafendes Auge wird eine Adventivknospe bezeichnet, die am Stamm oder Stammfuß des Rebstocks ausgebildet wird. Diese sind im Unterschied zu den Axillarknospen nicht bereits im Jahr zuvor vorgebildet worden, sondern werden erst bei Wuchsstörungen oder Verletzungen des Rebstocks irgendwo am Stamm neu induziert (ausgelöst). Die stammbürtigen Seitentriebe nennt man Wasserschosse, die als Reserve für Notfälle dienen. Sie sind sehr wüchsig und im ersten Jahr unfruchtbar, da sie auf schnelles Wachstum programmiert sind, um bei Bedarf die Funktion des kümmernden oder bereits abgestorbenen Haupttriebs des Rebstocks möglichst schnell ersetzen zu können. Siehe auch unter Weinrebe.

Graphik: entnommen aus Bauer/Regner/Schildberger,
Weinbau, ISBN: 978-3-70402284-4, Cadmos Verlag GmbH

Stimmen unserer Mitglieder

Dr. Christa Hanten

Für meine langjährige Tätigkeit als Lektorin mit wein-kulinarischem Schwerpunkt informiere ich mich bei Spezialfragen immer wieder gern im Weinlexikon. Dabei führt spontanes Lesen und das Verfolgen von Links oft zu spannenden Entdeckungen in der weiten Welt des Weins.

Dr. Christa Hanten
Fachjournalistin, Lektorin und Verkosterin, Wien

Das größte Weinlexikon der Welt

26.385 Stichwörter · 46.992 Synonyme · 5.323 Übersetzungen · 31.719 Aussprachen · 202.894 Querverweise
gemacht mit von unserem Autor Norbert Tischelmayer. Über das Lexikon

Veranstaltungen in Ihrer Nähe

PREMIUM PARTNER